Abgestorbene Fichten nach Borkenkäferbefall

Lehrforschungsprojekt: preFALL

Auswirkungen von simuliertem Trockenstress- und Borkenkäferinduziertem vorzeitigen Fichtennadelabwurf auf Stoffkreisläufe im Waldboden und ihrer Veränderung nach Bodenfeuern
Abgestorbene Fichten nach Borkenkäferbefall
Foto: F. Achilles

Projektinformation

Projektleitung: Prof. Dr. Beate Michalzik & Florian Achilles

Projektbearbeitung: Florian Achilles,  Studierende im Modul GEOG 332 (WS 2022/23; WS 2023/24)

Laufzeit: seit 10/2022

Mittelgeber: Haushalt

Forschungsschwerpunkt: Stoffkreisläufe und Ökosystemprozesse

Inhalt:
Im Rahmen eines Lehrforschungsprojektes werden in einem Streumanipulationsexperiment in einem Kiefern-Fichten-Forst in Ostthüringen die Auswirkungen von simuliertem Trockenstress- und Borkenkäferinduziertem vorzeitigen Fichtennadelabwurf auf Stoffkreisläufe im Waldboden und ihrer Veränderung nach Bodenfeuern untersucht.

Im Zuge des weltweiten Klimawandels treten vermehrt in Deutschland Wetterextreme auf, die zu Störungen in den verschiedensten Ökosystemen führen. In diesem Zusammenhang sind auch Wälder mit vielfältigen Problemen konfrontiert, welche als ineinandergreifende Störungsereignisse (Trockenheit, Vegetationsfeuer und Borkenkäferbefall) unter anderem Auswirkungen auf Ökosystemeigenschaften und -dienstleistungen haben. Die Wälder im Bundesland Thüringen waren in den vergangenen Jahren mehrfach phasenweise stark von Trockenheit betroffen. Besonders anfällig für Trockenstress waren hierbei Fichtenforste, deren Hauptbaumart, die Gemeine Fichte (Picea abies), natürlicherweise an ein feuchtes und kühles Klima angepasst ist.

Trockenstress tritt auf, wenn Bäume nicht ausreichend Wasser erhalten, um ihre normalen physiologischen Funktionen aufrechtzuerhalten. Die durch längere Trockenperioden reduzierte Wasserverfügbarkeit im Boden führt dabei letztlich zu einer Schwächung betroffener Bäume und macht sie anfälliger für verschiedene Krankheiten und Forstschädlinge, darunter auch für Borkenkäferarten (Buchdrucker - Ips typographus und Kupferstecher - Pityogenes chalcographus). Klimaänderungsinduziert durch eine Zunahme der Jahresdurchschnittstemperatur und einer Zunahme von Frühjahrs- und Sommertrockenheiten, kommt es in letzter Zeit häufiger zu Insektenmassenvermehrungen. In ihrem Lebenszyklus als Pioniere im Abbau geschwächter Bäume, befallen Borkenkäfer Fichten und graben Gänge im Holz des Baumes zur Fortpflanzung. Anders als gesunde Bäume, können trockenheitsgestresste Individuen jedoch kaum mehr eindringende Borkenkäfer abwehren, da sie in ihrem Harzfluss stark eingeschränkt sind. Dies ermöglicht es den Borkenkäfern, sich nahezu ungehindert zu vermehren. Die Anlage von Fraßgängen im Bast des Baumes durchtrennt dabei essentielle Wasserleitungsbahnen im Holz, was zum Absterben des gesamten Baumes führt.

Untersuchungsregion und Borkenkäfer-Kalamitätsflächen
Untersuchungsregion und Borkenkäfer-Kalamitätsflächen
Foto: F. Achilles

Ausgangslage der Streumanipulation:
Durch die Unterversorgung der Baumkronen mit Wasser, trockenstressbedingt oder im Zuge eines Borkenkäferbefalls, kommt es zum Abwurf von Nadeln durch die Fichte in nennenswerter Menge. Dies dient, geringfügiger ausgeprägt, während Trockenphasen in erster Linie dem Selbstschutz (Verdunstung) und ist, bei Borkenkäferbefall, stark ausgeprägt als Nadelteppich am Waldboden eine Folge der Unterbrechung der Kronenraumversorgung.

Das lokal teils erhebliche Auftreten nicht gealterter und vorzeitig gefallener Streu, ausgelöst durch Störungsereignisse (green litter phenomenon) ist in Mitteleuropa von künftiger Bedeutung aufgrund von prognostiziert häufigeren Wetterextremen und des noch weit verbreiteten Vorkommens von Fichtenbeständen außerhalb ihres natürlichen Wuchsraumes. Grüne, abgeworfene Nadelstreu ist nährstoffreich, leichter abbaubar als gealterte Streu und besitzt einen hohen Gehalt an labilen organischen Verbindungen. In Zeit und räumlichem Ausmaß kann der vorzeitige Streufall einen hot moment und einen hot spot für biologische Abbauprozesse bilden (in kurzer Zeit auf begrenzter Fläche überdurchschnittlich hohe Umsatzrate organischen Materials möglich). Ein Auftreten solch erhöhter nährstoffreicher Streueinträge im Zuge von Ökosystemstörungen, ist bislang kaum untersucht und mit weitgehend unbekannten Effekten auf lokale Abbauaktivitäten und den Nährstoffhaushalt im Boden!

Teppich aus vorzeitig gefallener, grüner Nadelstreu am Waldboden
Teppich aus vorzeitig gefallener, grüner Nadelstreu am Waldboden
Foto: F. Achilles

Versuchsdesign

Auf der Untersuchungsfläche wurden im Jahr 2022, unter Trockenstressbelastung, als Simulation von Trockenheits- und Dürreauswirkungen auf Fichtenforste verschiedene Mengen vorzeitig gefallener, grüner Fichten-Nadelstreu auf die natürliche organische Auflage (Moderartiger Rohhumus) des Standortes auf definierten Flächen aufgebracht. Hierbei unterschied sich die Menge grüner Fichten-Nadelstreu: 

  • Trockenheits-Simulation: 0,25 kg/qm grüne Streu
  • Dürre-Simulation: 1,0 kg/qm grüne Streu

Das Auftreten eines Nadelteppichs vorzeitig gefallener grüner Streu im ersten Jahr des Borkenkäferbefalls eines Fichtenbestandes (am Übergang der green-attack zur red-attack Phase), wurde im Herbst 2023 durch folgende Menge aufgebrachter Nadelstreu simuliert:

  • Borkenkäfer-Simulation: 3,0 kg/qm grüne Streu

Die zusätzlichen Streumengen orientieren sich dabei an real im Zuge der jeweiligen Störungsereignisse auftretenden Massen an vorzeitig gefallener Streu. Zur Simulation eines geringintensiven Bodenfeuers (Brandtemperaturen an der Bodenoberfläche von ca. 400°C) wurden im Sommer 2023 unter strengen Brandschutzmaßnahmen auf der Versuchsfläche einzelne Wiederholungen der Trockenheits- sowie der Dürre-Simulation abgebrannt. Das simulierte Bodenfeuer richtete sich in Intensität und Branddauer nach realen Bodenfeuern und verbrannte Teile der organischen Auflage und größtenteils die im Streumanipulationsexperiment aufgebrachte grüne Fichten-Nadelstreu.

Versuchsdesign auf der Untersuchungsfläche
Versuchsdesign auf der Untersuchungsfläche
Foto: F. Achilles, L. M. Danius, S. N. W. Reichel, A. Vorberger

Schwerpunkte und Methodik

Ein Schwerpunkt im Lehrforschungsprojekt preFALL bildet die Untersuchung von wassergebundenen Kohlenstoff- und Stickstoff-Flüssen in Kiefern-Fichten-Forsten. Hierfür werden neben den Stoffflüssen von DOM (dissolved organic matter) auch jene von POM (particulate organic matter) als wesentliche Faktoren in Nährstoffkreisläufen analysiert. Es werden dabei sowohl die Einträge in das Ökosystem (Freilandniederschlag) und aus dem Kronenraum (Kronendurchlass/Bestandesniederschlag) als auch die Bodenstoffflüsse (Austräge aus der organischen Auflage) quantifiziert. Die Messung des frei-drainenden Bodenwassers der organischen Auflage erfolgt mittels Lysimetern und untersucht dabei einen für Veränderungen nach Ökosystemstörungen sehr sensitiven Bereich des Bodens. Für die Stofffluss-Analysen steht im Projekt neben der chemischen Lösungsprobenanalytik und katalytischen Verbrennungsoxidation zur Untersuchung von gelösten und partikulären organischen Substanzgehalten auch die photometrische Wasseranalyse zur Quantifizierung von Ammonium- und Nitratgehalten zur Verfügung. Die Bodenatmung (Basalatmung/ Kohlenstoffdioxid-Emission aus der organischen Auflage) wird zeitlich integrierend mittels der Natronkalk-Kohlenstoffdioxid-Absorption gemessen.

Die Erhebung und Einbeziehung von Umweltdaten ergänzt die Sickerwasser- und Bodenatmungsanalysen und liefert wertvolle Korrelationsdaten. So werden beispielsweise, neben Daten zur Flächencharakterisierung, kontinuierlich auf der Untersuchungsfläche die Bodentemperatur (Temperaturdatenlogger in der organischen Auflage) und regelmäßig die Bodenfeuchte (FDR-Sonde zur volumetrischen Bestimmung des absoluten Wassergehaltes im Boden) bestimmt. Durch das Forstliche Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha (Referat Waldschutz, Standortskunde und Umweltmonitoring) werden dankenswerterweise Witterungsdaten einer nahegelegenen Hauptmessstation zur Verfügung gestellt.

Bodenatmungsringe mit aufgebrachter grüner Nadelstreu
Streumanipulation:
Bodenatmungsringe und Lysimeter mit aufgebrachter grüner Nadelstreu

Ein weiterer Schwerpunkt im Lehrforschungsprojekt preFALL widmet sich den Auswirkungen von Bodenfeuern auf Stoffflüsse und Bodeneigenschaften beim Verbrennen vorzeitig abgeworfener Streu.

Die für Mitteldeutschland prognostizierte Zunahme an Sommertrockenheit und Hitzetagen kann zu einem vermehrten Auftreten von Waldbränden führen. Am häufigsten sind hierbei Bodenfeuer geringer Intensität (auch Lauffeuer genannt), bei denen es zum Brand der Streuauflage sowie der Bodenvegetation kommt. Bodenfeuer verändern die Eigenschaften des Waldbodens chemisch-physikalisch, indem es zur Abnahme von organischer Substanz unmittelbar nach dem Feuer (Verbrennung von Biomasse), zur relativen Zunahme von schwerer abbaubarer organischer Substanz (stark polymerisierte Verbindungen), zu einem pH-Anstieg in nichtkalkhaltigen Böden und zu einem vorübergehendem Anstieg der Nährstoffverfügbarkeit (Kationenfreisetzung aus organischer Substanz) kommt. Ferner tritt eine Volatilisierung des organischen Stickstoffs sowie eine teilweise Mineralisierung zu Ammonium und eine Abnahme mikrobieller Biomasse ein.

Im Lehrforschungsprojekt wurde zur weiteren Erforschung dieses Themenfeldes auf Teilen der Versuchsinstallationen ein gering intensives Bodenfeuer simuliert. Seither werden die Sickerwasserflüsse nach Brand analytisch begleitet und ausgewertet. Welche Auswirkungen ein Bodenfeuer auf Stoffflüsse und Bodeneigenschaften beim Verbrennen vorzeitig abgeworfener Streu nach Trockenheit oder Borkenkäferbefall hat, ist bislang unbekannt!

Simulation eines geringintensiven Bodenfeuers
Bodenfeuer: Simulation eines geringintensiven Bodenfeuers
Versuchsaufbau vor und nach der Brandsimulation
Bodenfeuer: Makroskopisches Aussehen der organischen Auflage vor (Lysimeter, links) und nach (Bodenatmungsringe, rechts) Brand

Angegliederte wissenschaftliche Qualifikationsarbeiten

  • Lorenz, N. (2024): Effekte von simuliertem Trockenheits- und Dürre-induziertem vorzeitigen Fichtennadelabwurf auf C- und N-Flüsse im Waldboden eines Kiefern-Fichten-Bestandes und ihrer Veränderung nach Bodenfeuern. Bachelorarbeit. FSU Jena.
  • Seidel, F. (2023): Effekte von simuliertem Trockenstress- und Borkenkäfer-induziertem erhöhten Fichten-Nadelabwurf auf partikuläre und gelöste C- und N-Flüsse im Sickerwasser sowie auf die Bodenatmung in einem Kiefern-Fichten-Bestand. Bachelorarbeit. FSU Jena.

Dank

Wir danken der Landesforstverwaltung ThüringenForst für die Bereitstellung der Untersuchungsfläche im Naturraum der Saale-Elster-Sandsteinplatte für die Zwecke der Lehre an der Professur für Bodenkunde.

Bildergalerie weiterer Methodiken (Auswahl)

Totholzaufnahme auf der Versuchsfläche
Foto: F. Achilles
Oberflächentemperaturprofil des Waldbodens im Sommer (IR-Aufnahme)
Foto: F. Achilles
Hemisphärische Aufnahmen zur Solarstrahlungsberechnung
Foto: F. Achilles
Kronenraumstruktur (hemisphärische Negativ-Aufnahme)
Foto: F. Achilles
Filtration von Lösungsproben
Foto: F. Achilles
TOC-Analyse: Katalytische Verbrennungsoxidation zur Untersuchung von gelöster und partikulärer organischer Substanz
Foto: F. Achilles
Photometer: Bestimmung von Ammonium in Lösungsproben
Foto: A. Borrmann
Elementaranalyse: Bestimmung von C- und N-Gehalten in Bodenproben
Foto: F. Achilles
Projektlogo
Foto: F. Achilles

Literatur / Referenzen

Abdullah, H.: Remote sensing of European spruce (Ips typographus, L.) bark beetle green attack (2019). 10.3990/1.9789036547956

Certini, G.: Effects of fire on properties of forest soils: a review, Oecologia, 143, 1-10 (2005). 10.1007/s00442-004-1788-8

Girisha et al.: Decomposition and nutrient dynamics of green and freshly fallen radiata pine (Pinus radiata) needles. Forest Ecology and Management, 179, 169-181 (2003). 10.1016/s0378-1127(02)00518-2

McClain et al.: Biogeochemical Hot Spots and Hot Moments at the Interface of Terrestrial and Aquatic Ecosystems. Ecosystems 6, 301–312 (2003). https://doi.org/10.1007/s10021-003-0161-9

Mikkelson et al.: Bark beetle infestation impacts on nutrient cycling, water quality and interdependent hydrological effects, Biogeochemistry, 115, 1-21 (2013). 10.1007/s10533-013-9875-8